Ehrlich: ich war selbst überrascht. 1996 habe ich meine erste Website erstellt. Da habe ich Tage damit zugebracht, um ein paar Seiten mit Texten zu erstellen. Nächte habe ich mir um die Ohren gehauen, weil das so spannend war. Ohne Kenntnisse von HTML-Code war nichts zu machen.

Wenn ich heute einen Online-Shop eröffnen will, dann brauche ich dafür keine zwei Stunden mehr. Unabhängig, ob der Shop Business-to-Consumer oder Business-to-Business verkaufen soll.

Soviel zu meiner Überraschung. Obwohl ich meist sehr optimistisch bin, hätte ich mit so wenig Aufwand nicht gerechnet.

Es war die Ablehnung eines Vorstands, die mich dazu gebracht hat, einen Test zu machen. „Online-Shops sind viel zu aufwändig!“ war er überzeugt. Das ist nicht lange her. Im Juni hatten wir Kontakt. Er meinte damit die Technik. Ich dagegen war überzeugt, dass die reine Eröffnung eines Shops kein Hexenwerk mehr sein dürfte. Wer im Netz nach „Online-Shop“ sucht, der findet dutzende Anbieter von Baukastensystemen.

Ich wollte wissen, wie lange es tatsächlich dauert, wenn man von Null an einen Online-Shop eröffnet. Meine Zielsetzung: Mindestens ein Produkt sollte am Ende online kaufbar sein. Aus reinem Bauchgefühl habe ich mich für Shopify als Testkandidat entschieden. Auch auf den zweiten Blick war das eine gute Wahl: etwas mehr als eine halbe Stunde hat es gedauert, bis der Shop technisch eingerichtet war. Damit waren auch erste grafische Anpassungen verbunden.

Dass ich dabei auf unsere eigene Bilddatenbank zugreifen konnte, hat es sicherlich leicht gemacht. Ich behaupte jedoch, dass jeder Shop-Betreiber mittels einer der vielzähligen Online-Bilddatenbanken in kurzer Zeit ein vernünftiges Titelbild findet. Viel mehr braucht es kaum, um mit dem Baukasten ein halbwegs vernünftiges Design zu erreichen.

Wir haben hier auf der Website ebenfalls einen Online-Shop für digitale Produkte. Diesen Shop gibt es seit einigen Jahren, sechs oder sieben vielleicht. Ich erinnere mich nicht mehr genau, da wir im Netz ständig experimentieren. Dabei haben wir auf Woocommerce gesetzt und ein eigenes Hosting. Das war damals die eleganteste Möglichkeit für uns. Heute würde ich nach dieser Erfahrung aus meinem Test anders entscheiden. Der Aufwand ist mit einem eigenen Shop-System ungleich höher und spontan fallen mir nur sehr wenig vorteilhafte Argumente dafür ein.

Doch das reine Shop-System genügt nicht, damit jemand etwas kaufen kann. Aufwändiger als die technische Implementation war es, passende Rechtstexte einzubinden. Mit Anbietern wie beispielsweise e-Recht24.de hält sich der Aufwand zwar in Grenzen. Bis die Texte online waren, hat es allerdings dann doch nochmals rund 50 Minuten gedauert.

Fehlt noch das Test-Produkt: Produktfotos, ein geeigneter Text, Preis. Mit bestehenden Daten, die es noch anzupassen galt, waren für das erste Produkt nochmals knapp 25 Minuten fällig. Darin enthalten waren auch kleinere Anpassungen des Layouts, da ja fürs erste nur ein einzelnes Produkt verkaufen wollte.

Alle Gegenargumente sind Ausreden. Der Aufwand ist auf jeden Fall kein Grund, auf digitalen Umsatz zu verzichten. Selbst wer lediglich ein einzelnes neues Produkt im Markt testen will, ein Minimum Viable Product ausschreiben, wird damit seine Möglichkeiten nicht sprengen. Und genau so, im besten Sinne agil, kann der Einstieg in den Online-Handel gelingen: mit einem einfachen Shop und einem ersten Produkt. Das gilt für den Gründer ebenso wie für den Einzelhändler oder das Industrieunternehmen, das an Geschäftskunden verkauft.

Wobei ich für einen echten Shop noch ein paar extra Minuten spendieren würde, um möglichst viele Besucher in meinen Orbit zu holen, etwa über einen Newsletter. Ich habe am Ende übrigens (vorerst) darauf verzichtet, meinen Shop freizuschalten. Wir haben ja schon einen.

Ihr
Holger Zimmermann
Projektmensch